Die Kupferspirale und ihre Geschichte
Die Herkunft der Bezeichnung Spirale
Eine überlieferte Geschichte besagt, dass die Erfindung der Spirale arabischen und türkischen Kameltreibern zu verdanken ist. Sie sollen schon damals bei ihren weiblichen Kamelen kleine Steine in die Gebärmutter eingeführt haben, um Nachwuchs auf langen Transportwegen zu vermeiden. Dies könnte auch die Begründung für die Herkunft des Wortes Intrauterinpessar (IUP) sein, denn „intrauterin“ bedeutet „in der Gebärmutter“ und „Pessar“ könnte eine Ableitung von „pessos“ sein, was „Stein“ bedeutet.
Das heute verbreitete Wort „Spirale“, anstatt der medizinischen Bezeichnung Intrauterinpessar, ist aufgrund der Form des ersten gebräuchlichen Modells Margulies und der Lippes Loop entstanden. Spezielle Modelle der Spirale werden heute auch als Intrauterinsystem (IUS) bezeichnet.
Die Geschichte der Spirale um 1900
Die Geschichte der Kupferspirale beginnt um das Jahr 1900 herum. In dieser Zeit arbeiteten viele Mediziner als Erfinder an der Entwicklung einer Spirale als Verhütungsmittel. Damals wurden zeitgleich an verschiedenen Orten von unterschiedlichen Erfindern die ersten Modelle der Spirale zur Verhütung entwickelt. Materialien wie Messing, Perlmutt, Seide und Hartgummi wurden verwendet. Später kamen auch Silber und Gold zum Einsatz. Die heimliche Geburt der Kupferspirale.
Einen hohen Bekanntheitsgrad erlangte als eines der ersten Intrauterinpessare der Gräfenberg-Ring, dessen Erfinder der Berliner Mediziner Ernst Gräfenberg (1881–1957) war. Der Gräfenberg Ring war ein Ring aus Seide, welcher nach Überlieferungen im Rahmen einer Studie in den 1920er Jahren mehr als 1000 Frauen eingesetzt worden sein soll. Die Versuche ergaben eine Schwangerschaftsrate von 3%. 1930 berichtete Gräfenberg, dass er die Schwangerschaftsrate von 3 auf 1,6 senken konnte, indem er um den Ring aus Seide zusätzlich noch einen Silberdraht gewickelt hatte. Heute geht man davon aus, dass der im Silberdraht enthaltene Kupferanteil und somit die kontrazeptive Wirkung der Kupferionen diese, zur damaligen Zeit beachtliche, hohe Zuverlässigkeit dieser Verhütungsmethode begründete.
Interessant zu wissen ist, dass Ernst Gräfenberg neben wichtigen Beobachtungen für die Entwicklung der heutigen Kupferspirale auch die Entdeckung des G-Punktes (Kurzform von Gräfenberg-Zone) zugesprochen wird.
Kunststoff-Spiralen als Vorboten der Kupferspirale in der Geschichte
In den sechziger Jahren ging man dazu über Spiralen aus Kunststoffen wie Polyethylen oder Polypropylen herzustellen, da diese Materialien zum einen elastisch und biegsam sind und zum anderen durch ihre Körperverträglichkeit weniger Entzündungen verursachen sollten.
Aus dieser Zeit stammt das Modell „Lippes Loop“, welches eine Doppel-S-förmige Spirale aus Kunststoff ist. Sie ist in Deutschland aufgrund ihres zu hohen Pearl-Indexes vom Markt genommen worden. Lippes Loop wurde vorrangig Frauen mit einer sehr großen Gebärmutterhöhle oder bei Frauen mit einer bekannten Empfindlichkeit gegenüber Schwermetallen eingesetzt.
Wie durch Kupfer die Spirale zur Kupferspirale wurde
Nachdem in den 1970er Jahren die verhütende Wirkung von Edelmetallen wie Gold und Silber, insbesondere aber von dem Halbedelmetall Kupfer im Rahmen von Tierversuchen beobachtet wurde, enthalten heute viele Modelle der Spirale einen Kupferanteil, welcher der Kupferspirale ihren Namen gegeben hat. Der Pearl-Index der heutzutage erhältlichen Modelle der Kupferspirale liegt laut pro familia bei 0.3 bis 0.8.
Modelle der Kupferspirale mit Geschichte
In der Geschichte der Kupferspirale kam es leider auch zu Fehlentwicklungen. Diese haben der Kupferspirale einen schlechten Ruf eingebracht, welcher sich bis heute hartnäckig hält. Zu Unrecht, denn die heutige Spirale ist nicht vergleichbar mit den Modellen aus den 50er oder 70er Jahren. Die Kupferspirale hat eine große Entwicklung hinter sich und gehört dank intensiver Forschungsarbeit heute zu den sichersten Verhütungsmitteln.
Die Margulies-Spirale
Lazar C. Margulies stammte aus dem österreich-ungarischen Galizien und studierte Anfang des 20. Jahrhunderts Medizin an der Universität Wien. Er gilt als Pionier für Familienplanung und vor allem für Studien über intrauterine Verhütungsmethoden. Er entwickelte das in der Geschichte bdeutende „Ur-Modell“ von Ernst Gräfenberg weiter und brachte dies 1958 auf dem Markt. Aufgrund der spiralenartigen Form des Intrauterinpessars bekam es den Namen „Spirale“. Dalkon shield
Das Dalkon-Shield
Das Dalkon Shield gehört zu den traurigen Kapiteln in der Geschichte der Spirale als Verhütungsmethode. In den 70er Jahren ist das Dalkon Shield, aus heutiger Sicht ohne ausreichende Erforschung, zu früh auf den Markt gekommen. Es handelt sich dabei um eine kleine Scheibe, mit fünf Füßchen auf beiden Seiten. Der Rückholfaden von der Spirale Dalkon Shield bestand aus mehreren Fäden, die miteinander verflochten waren. Dies sorgte für eine hohe Infektionsrate, da sich Bakterien in den Rückholfaden des Dalkon-Shields sehr leicht einnisten konnten. Die Infektionen verliefen sehr dramatisch, zum Teil tödlich, weshalb das Dalkon Shield als Intrauterinpessar später vom Markt genommen wurde.
Die Kupferspirale – eine lange Geschichte bis heute
Die Modelle der Kupferspirale, welche in den vergangenen Jahren häufig und mit guten Erfahrungen vielen Frauen zur Empfängnisverhütung eingesetzt wurden, sind wesentlich kleiner als die Spiralen in der Geschichte und haben eine schlichte T-Form oder eine ovale Form mit abstehenden Haken zur Fixierung an der Seite, ähnlich einer Walnuss. Sie bestehen aus Kunststoff und sind am Gerüst mit einem Kupferdraht umwickelt. Bei der Goldspirale enthält dieser Kupferdraht zusätzlich eine Goldlegierung und bei der Silberspirale dementsprechend eine Silberlegierung. Die Zugabe dieser Edelmetalle soll die Haltbarkeit des Kupferdrahtes erhöhen und zusätzlich eine keimtötende Wirkung haben. Allerdings konnte bisher nicht hinreichend wissenschaftlich belegt werden, dass Gold oder Silber für die Kupferspirale tatsächlich einen merklichen Mehrwert bringen.
Spezielle Modelle der Kupferspirale, besonders die Kupferkette, werden heute auch der jungen Frau ohne Geburt als Verhütungsmethode empfohlen, da sie als hormonfreie Langzeitverhütung mit einer hohen Sicherheit und nur selten auftretenden Nebenwirkungen überzeugt. Die Kupferspirale ist heutzutage die am weitesten verbreitete wieder rückgängig machbare Langzeit-Verhütungsmethode in der Welt, wobei die Quote der Anwenderinnen einer Spirale in Deutschland verglichen mit anderen europäischen Ländern gering ist. Eine ungerechtfertigt zurückhaltende Empfehlungsrate seitens der Gynäkologen, aufgrund längst medizinisch widerlegter Vorteile gegenüber der Spirale als Verhütungsmethode, insbesondere bei jungen Frauen, gilt dafür als Ursache.
Die Geschichte der Kupferspirale im 20. Jahrhundert: Die Kupferkette
Die Kupferkette (bekannter unter dem Namen Gynefix) gilt als bemerkenswerteste Weiterentwicklung der letzten Jahre im Bereich der Kupferspiralen. Als Ergebnis langjähriger Forschungsarbeit an der Universität Ghent ist die Kupferkette Gynefix ein europäisches Produkt, welches Gegenstand zahlreicher medizinischer Studien war und ist. Als Erfinder und Entwickler der Kupferkette, bekannt unter dem Markennamen Gynefix, gilt der belgische Mediziner und Gynäkologe Dirk Wildemeersch. Die Kupferkette unterscheidet sich als Sondermodell der Kupferspirale insbesondere im Design, denn die Kupferkette verzichtet komplett auf ein Kunstoff-Gerüst. Sie besteht aus ein paar Kupferhülsen, welche auf einem chirurgischen Faden aufgefädelt sind. Eine weitere Besonderheit ist, dass dieser Faden am Ende über einen Knoten verfügt, welcher zur Befestigung in den Gebärmuttermuskel geschoben wird. Diese bis heute einzigartige Verankerungstechnik reduziert die Möglichkeit der Ausstoßung im Vergleich zur klassischen Kupferspirale maßgeblich und macht die Kupferkette dadurch zuverlässiger. Aufgrund des kleinen Volumens und der Flexibilität kann die Kupferkette bei Bewegungen und Kontraktionen in der Gebärmutter nicht „stören“, was zu einer wesentlich verbesserten Verträglichkeit und geringeren Nebenwirkungen verglichen zur herkömmlichen Kupferspirale führt. Lange galt die Gynefix als Geheimtipp unter den Verhütungsmethoden ohne Hormone. Das lag daran, dass sich die erforderliche Technik für das Einsetzen der Kupferkette deutlich von der der Kupferspirale unterscheidet. Auch heute beherrschen längst nicht alle Gynäkologen diese Präzisionsarbeit oder trauen sich diese zu, sodass für eine maximale Effektivität nur speziell geschulte Frauenärzte die Insertion durchführen sollten. Eine Liste der geschulten Frauenärzte bei denen die Kupferkette erhältlich ist, kann auf der deutschen Herstellerseite gefunden werden. Inzwischen profitieren weltweit seit über 20 Jahren zahlreiche Frauen von der Kupferkette als langfristige und bequeme Verhütungsmethode mit hoher Sicherheit. Die Quote der Frauen, die sich nach Ablauf der empfohlenen Tragedauer wiederholt die Kupferkette Gynefix einsetzen lassen, ist bezogen auf den Bereich der Spiralen zur Verhütung beachtlich hoch und in der Geschichte bisher einmalig.
Die Spirale blickt inzwischen auf eine circa 100 Jahre alte Geschichte zurück. Man darf gespannt sein, welche Entwicklungen es im Bereich der Empfängnisverhütung in Zukunft noch geben wird.
1. The New York Times. March 1982. Obituaries. DR. LAZAR MARGULIES, 87, SURGEON. Zugriff unter: http://www.nytimes.com/1982/03/10/obituaries/dr-lazar-margulies-87-surgeon.html.
2. Ehrenreich, B. et al. 1979. The Charge: Gynocide. The Accused: The U.S. Government.Mother Jones. Issue 11, 1979. Zugriff unter: http://www.motherjones.com/politics/1979/11/charge-gynocide.
3. The TCu380A Intrauterine Contraceptive Device (IUD): Specification, Prequalification and Guidelines for Procurement, 2010. Zugriff unter: http://www.unfpa.org/webdav/site/global/shared/procurement/07_resources/IUDbook_finalwlinks_042911.pdf.
4. Bildmaterial mit freundlicher Unterstützung des Verhütungs- und Abtreibungsmuseums in Wien www.muvs.org